Künstler-Statements: Warum sie unverzichtbar sind.
Impressionen aus der Galerie:
Ich war mir selbst nicht sicher, ob die Bilder jetzt super waren oder ob sie lediglich einen ersten „Heißer-Scheiß-Reflex“ bei mir auslösten. Wie auch immer, jetzt wollte ich mehr über die Arbeiten und über die Künstlerin wissen, die mir gerade Bilder ihrer Arbeit auf ihrem Handy gezeigt hatte.
Kompliziert wollte ich es nicht machen und meinte: „Sieht ja sehr spannend aus, erzähl mir doch mal ein bisschen was darüber.“ Was folgte, war ein unsicheres Rumlavieren, garniert mit ein paar Worthülsen. Floskeln, die man sich in Kunstkreisen so um die Ohren haut. Ich merkte, wie meine anfängliche Begeisterung zu kritischer Distanz wurde.
Da schob sie die Unterlippe ein wenig brüskiert vor. „Was hat es damit auf sich?“ Die Antwort auf ihre simple Frage hat die Stimmung im Raum direkt mal abkühlen lassen. Dabei wollte die Sammlerin nur das Bild abholen, das sie in der letzten Ausstellung gekauft hatte.
Jetzt waren wir gerade dabei, die neue Ausstellung in der Galerie zu hängen. Da stand der Malerfürst und meinte keck auf die launige Frage: „Das müssen Sie schon selbst rausfinden.“ Der Rest war peinliches Schweigen im Raum. Und genau, um solche „Merde-Situationen“ nicht aufkommen zu lassen, braucht ihr ein Artist-Statement. Es hilft erstmal euch bei der Kommunikation mit Menschen, die interessiert an euch und eurer Arbeit sind. Diese Menschen sind selten genug, ihr seid noch keine Popstars, also solltet ihr sie sorgsam behandeln. Selbst wenn ihr das Image des Enfant Terribles pflegen wollt.
Ja, ich weiß, viele Künstlerinnen und Künstler scheuen es, ein Künstler-Statement auf ihre Website oder in ihr Portfolio zu integrieren. Zu uncool scheint es zu sein. Außerdem sprechen die Arbeiten ja für sich selbst. Ein schönes Argument gegen ein Artist-Statement ist auch: „Ich möchte nicht den offenen Charakter meiner Arbeiten einschränken, indem ich durch Informationen eine Assoziationsrichtung vorgebe.“
Das kann alles sein. Man muss es nur eben sinnvoll und vor allem ansprechend kommunizieren. Deshalb ist ein Artist-Statement unerlässlich – für euch selbst und für eure Zielgruppe.
Artist-Statement – wichtig für euch selbst!
Ein Artist-Statement zwingt euch, kurze und prägnante Aussagen zu eurem Werk und zu einzelnen Arbeiten zu treffen. Wenn ihr das schriftlich hinbekommt, dann klappt das erst recht im Gespräch mit dem Publikum, Kuratoren, Galeristen und Sammlerinnen und Sammlern. Es hilft euch, eure Gedanken zu ordnen und eure künstlerische Absicht klar zu formulieren. Das macht euch selbstsicherer und überzeugender.
Deine Galerie, die Presse oder ein potenzieller Kunde möchten auf die Schnelle ein paar Infos zu dir haben? Alles kein Problem und kein Stress, sofern du ein aktuelles Artist-Statement hast.
Für eure Zielgruppe ist es ohnehin hilfreich.
Und da sind wir auch schon beim ersten Thema. Für wen schreibt ihr ein Artist-Statement? Am besten, ihr schreibt zwei Artist-Statements, eines für ganz normale Laien, also in einfacher Sprache und nicht zu verkopft. Ein weiteres Statement schreibt ihr für das Fachpublikum. Hier könnt ihr sprachlich schon etwas raffinierter und komplexer werden. Aber bitte nicht übertreiben. Auf jeden Fall immer schön authentisch bleiben!
Auch wenn ihr bereits mit einer Galerie zusammenarbeitet, ist ein aktuelles Artist-Statement wichtig. Es hilft den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Galerie enorm bei der Kommunikation. Selbst wenn sie selbst Texte zu deiner Arbeit schreiben.
Stell dir vor, du betrittst eine Ausstellung, eine Galerie und siehst ein Kunstwerk, das dich niederknien lässt. Du möchtest mehr darüber erfahren, aber es gibt keine Beschreibung, keinen Hinweis auf die Künstlerin und ihre Hintergründe und Antriebe. Frustrierend, oder? Genau deshalb ist ein Künstler-Statement so wichtig. Für die Kommunikation. Nein, das Werk spricht nicht für sich und ja, mit mehr Info wird es spannender.
Wie lang soll so ein Artist-Statement sein?
Ich würde hier zwei bis drei verschiedene Varianten machen. Eine kurze von einer halben Seite und eine etwas längere mit einer Seite Text. Wenn ihr wollt, dann schreibt noch einen längeren Text von zwei bis drei Seiten. Ich persönlich mag als Alternative zu einem längeren Text ein Mailinterview. Ihr braucht nur jemanden, der euch die Fragen stellt.
Was muss rein ins Statement?
Das hängt erst mal von euch und euren Zielen ab. Das Tolle an eurem Artist-Statement ist, dass ihr damit entscheidet, wie die Erzählung über euch und euer Werk beginnt. Glaubt mir, das ist wichtig für eure Rezeption und für euer Selbstverständnis.
Deshalb sind die Tipps hier Anhaltspunkte, die ihr mit Leben füllen müsst:
- Eure Inspiration und Motivation: Warum macht ihr Kunst? Was treibt euch an? Ihr müsst euch bewusst sein: Meist sind die Menschen, die eure Kunst interessiert, keine Künstler. Diese Leute haben wenig bis keine Ahnung, wie man als Künstlerin oder Künstler so „tickt“. Lasst sie ein wenig teilhaben an eurem Tun.
- Eure Themen und Anliegen: Welche Themen beschäftigen euch? Was wollt ihr mit eurer Kunst ausdrücken? Keine Angst, hier ist kein Statement zum Weltfrieden gefragt. Formale Themen sind auch Themen. Wie sagte einst Max Liebermann: „Eine gut gemalte Rübe ist besser als eine schlecht gemalte Madonna.“ Das ist doch mal ein Artist-Statement.
- Eure Techniken und Materialien: Welche Techniken und Materialien verwendet ihr und warum? Was macht eure Arbeitsweise besonders und inwiefern wirkt sich eure Arbeitsweise auf euren Malstil aus?
- Eure künstlerische Entwicklung: Ein kurzer Überblick über eure künstlerische Reise, wichtige Stationen und Einflüsse. Eine kurzweilige Anekdote ist hier auch nicht schlecht. Sie macht bei einer längeren Fassung eures Textes das Ganze spannender und persönlicher. Die Menschen lesen gerne Geschichten!
- Eure Ziele und Wünsche: Welche Projekte habt ihr geplant? Was steht auf eurer künstlerischen Wunschliste? Eine Reise, die Ausmalung eines Deckengewölbes, ein Bild von euch im Louvre. Seid hier konkret und durchaus auch vermessen. Ihr könnt euren künstlerischen Herzenswunsch ja mit einem Augenzwinkern schildern.
Habt ihr Schwierigkeiten, ein schlüssiges Konzept zu entwickeln? Kein Problem, das belegt einen unserer Workshops zum Thema Artist Statement und Storytelling. Das ist nicht teuer und hilft ungemein.
Wie soll es verfasst sein?
Auf jeden Fall müsst ihr authentisch schreiben, das ist ganz wichtig. Wenn euer Artist-Statement nicht zu euch passt, dann könnt ihr es auch lassen. Also, auch wenn Dritte für euch den Text verfassen sollten – das ist ja durchaus zulässig – muss das Statement eures sein! Ihr müsst euch also ein wenig klar darüber sein, was für ein Typ Mensch und was für ein Typ Künstler ihr eigentlich seid.
Auch hier gibt es ein paar hilfreiche Tipps:
- Klar und prägnant: Vermeidet lange Schachtelsätze und unnötig komplizierte Ausdrücke. Euer Statement sollte leicht verständlich sein.
- Authentisch und ehrlich: Bleibt bei der Wahrheit und übertreibt nicht. Euer Statement sollte euch und eure Kunst authentisch widerspiegeln.
- Inspirierend und einladend: Euer Statement sollte neugierig machen und das Interesse wecken, mehr über eure Kunst zu erfahren.
- Persönlich und einzigartig: Lasst eure Persönlichkeit durchscheinen. Euer Statement sollte genauso einzigartig sein wie eure Kunst. Das heißt aber nicht, dass ihr exaltiert schreiben sollt.
Lest euch auch mal ein paar Artist-Statements von anderen Künstlerinnen und Künstlern durch. Hier könnt ihr entscheiden, was ihr gut findet und was nicht.
Ich persönlich empfehle sehr die Lektüre von Wolf Schneiders Buch „Deutsch fürs Leben“. Ein Klassiker, wenn es ums gute Schreiben geht. Das liest sich erstmal sehr kurzweilig und ist wirklich hilfreich beim Schreiben.
Einmal geschrieben und dann fertig? Weit gefehlt!
Glückwunsch, ihr habt euer Artist-Statement schon geschrieben! Dann seid ihr im Prozess angekommen. Ihr müsst nämlich dranbleiben. Ihr verändert euch und eure Kunst verändert sich auch. Deshalb hier ein paar Tipps für euch:
- Regelmäßige Aktualisierung: Überarbeitet euer Statement regelmäßig, um sicherzustellen, dass es eure aktuelle künstlerische Praxis und Vision widerspiegelt.
- Feedback einholen: Zeigt euer Statement Freunden, Kollegen oder Mentoren und holt euch Feedback ein. Oft hilft es, externe Perspektiven zu berücksichtigen, um Klarheit zu gewinnen.
- Visuelle Ergänzungen: Verwendet Bilder eurer Arbeiten, um euer Statement zu illustrieren. Jedes Bild, das ihr zeigt, stärkt die Verbindung zwischen Wort und Werk.
Eine Zwischenfrage: Soll ich mir einfach von einer KI das Artist-Statement schreiben lassen?
Ich würde es nicht machen. Versucht dem Text so viel persönliche Note in Schreibstil und Inhalt zu verleihen. Dabei kann eine KI wie ChatGPT, oder was auch immer, hilfreich sein für die erste Anregung oder die orthographische Korrektur am Ende.
Extra-Statements für Schlüsselwerke
Es ist hilfreich, für einzelne Schlüsselwerke eures Portfolios noch ein paar kleine Extra-Statements zu schreiben. Diese müssen nicht zu lang sein – nur ein paar Zeilen bis zu einer Drittel Seite. Diese kurzen Statements geben zusätzlichen Kontext und vertiefen das Verständnis für eure wichtigsten Arbeiten.
Praxisnahe Tipps, wie man ins Schreiben kommt
- Freies Schreiben: Nehmt euch 10-15 Minuten Zeit und schreibt einfach drauf los, ohne nachzudenken. Ihr könnt später immer noch strukturieren und überarbeiten.
- Fragen beantworten: Stellt euch Fragen wie „Warum mache ich Kunst?“, „Was inspiriert mich?“ oder „Welche Techniken verwende ich und warum?“ und beantwortet sie schriftlich.
- Sprechen und Aufnehmen: Manchmal hilft es, laut über eure Kunst zu sprechen und das Gespräch aufzunehmen. Hört es euch an und schreibt die wichtigsten Punkte auf.
- Feedback einholen: Zeigt euren Entwurf Freunden oder Kollegen und bittet um ehrliches Feedback. Externe Perspektiven können sehr hilfreich sein.
- Vorhandene Statements lesen: Lest Statements anderer Künstler, um ein Gefühl für den Stil und die Struktur zu bekommen. Lasst euch inspirieren, aber bleibt authentisch.
Unterstützung von Artboost Coaching
Wir von Artboost Coaching stehen dir gerne mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um das Schreiben deines Artist-Statements geht. Ob du gerade erst anfängst oder dein bestehendes Statement überarbeiten möchtet – wir helfen dir, deine künstlerische Arbeit klar und überzeugend zu formulieren.
Fazit: Auch wenn es vielleicht zunächst unangenehm erscheint, ein Künstler-Statement zu schreiben, ist es ein wertvolles Werkzeug für eure künstlerische Praxis und eure Kommunikation mit der Außenwelt. Es hilft euch, eure Gedanken zu ordnen, eure Kunst auch sprachlich klar zu formulieren und eure Zielgruppe besser zu erreichen. Also, ran an die Tastatur – es lohnt sich!